Eine fristlose Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses ist nicht allein deshalb unwirksam, weil sie aufgrund älterer Mietrückstände erfolgt.
Die Klägerin, eine katholische Kirchengemeinde, hatte der Beklagten seit dem Jahr 2006 eine Wohnung in Düsseldorf vermietet. Die Beklagte blieb die Mieten für die Monate Februar und April 2013 schuldig. Nach einer erfolglosen Mahnung vom 14. August 2013 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 15. November 2013 wegen der weiterhin offenen Mietrückstände fristlos.
Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hat sie unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung abgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts war die Kündigung der Klägerin gemäß § 314 Abs. 3 BGB unwirksam, weil sie erst mehr als sieben Monate nach Entstehen des Kündigungsgrundes und damit nicht mehr in angemessener Zeit erfolgt sei.
Nach § 314 BGB gilt folgendes:
„(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. […]
[…]
(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. […]“
Die Beklagte sei schutzwürdig, weil sie angesichts des Zeitablaufs davon habe ausgehen dürfen, dass die Klägerin von ihrem Kündigungsrecht keinen Gebrauch mehr machen werde. Für die Beklagte als ehemalige Küsterin der Klägerin habe es durchaus nahe gelegen, dass diese aus sozialen und ethischen Erwägungen nach derart langer Zeit keine Kündigung mehr erklären werde.
Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
§ 314 Abs. 3 BGB nicht anwendbar
Der BGH (Az. VIII ZR 296/15) hat entschieden, dass § 314 Abs. 3 BGB neben den speziell geregelten Vorschriften zur fristlosen außerordentlichen Kündigung im Wohnraummietrecht (§§ 543, 569 BGB) keine Anwendung findet. Diese vom Senat bislang offen gelassene Frage ist in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum umstritten.
Bereits der Wortlaut der §§ 543 und 569 BGB spreche gegen eine zeitliche Schranke für den Ausspruch der Kündigung. Diese Vorschriften, die im Einzelnen die Modalitäten der fristlosen Kündigung eines Mietverhältnisses regeln, sähen weder eine Zeitspanne, innerhalb derer die Kündigung auszusprechen sei, noch einen Verweis auf § 314 Abs. 3 BGB vor.
Das entspreche auch der Zielsetzung des Gesetzgebers. Dieser habe ausweislich der Materialien zum Mietrechtsreformgesetz von 2001 bewusst davon abgesehen festzulegen, dass die außerordentliche Kündigung nach §§ 543, 569 BGB innerhalb einer „angemessenen Zeit“ ab Kenntnis vom Kündigungsgrund zu erfolgen habe. Die Gesetzesbegründung verweise darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung ein Kündigungsrecht verwirkt werden könne und deshalb ein Bedürfnis für eine solche Festlegung nicht bestehe. Dazu komme, dass eine einheitliche konkrete Ausschlussfrist angesichts der Vielgestaltigkeit der Mietverhältnisse ohnehin nicht festgelegt werden könne. Hieran habe sich durch die Einführung der allgemein für Dauerschuldverhältnisse geltenden Vorschrift des § 314 BGB durch das kurze Zeit später eingeführte Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nichts geändert. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollten die spezialgesetzlichen Einzelbestimmungen weder aufgehoben noch geändert werden.
Fristlose Kündigung wirksam
Da die fristlose Kündigung von Mietverhältnissen in §§ 543, 569 BGB abschließend geregelt sei, sei bereits die Anwendung des § 314 Abs. 3 BGB durch das Landgericht rechtsfehlerhaft gewesen. Überdies sei seine Annahme, die Kündigung sei nicht in angemessener Frist ausgesprochen worden, als solche nicht berechtigt gewesen. Denn das Landgericht habe weder berücksichtigt, dass die Zahlungsrückstände trotz Mahnung fortbestanden hätten, noch dass die Klägerin durch das Zuwarten mit der Kündigung vielmehr Rücksicht auf die Belange der Beklagten genommen habe.
Die vom Landgericht beanstandete „Verzögerung“ der Kündigung habe überdies auch nicht zur Verwirkung des Kündigungsrechts geführt. Denn tragfähige Anhaltspunkte für ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten, dass die Klägerin von ihrem Recht zur fristlosen Kündigung wegen Verzugs mit zwei Monatsmieten keinen Gebrauch machen werde, seien nicht festgestellt worden und auch nicht ersichtlich. Sie lägen insbesondere nicht schon darin, dass es sich bei der Klägerin um eine Kirchengemeinde handle und die Beklagte früher bei ihr als Küsterin beschäftigt gewesen sei.
Der Senat hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und das amtsgerichtliche Urteil wiederhergestellt, da die fristlose Kündigung aufgrund des Zahlungsverzugs berechtigt und wirksam war.
Fristlose Kündigung trotz älterer Mietrückstände
Das Urteil macht deutlich, dass der Vermieter dem Mieter auch dann fristlos wegen Mietrückständen kündigen darf, wenn diese schon etwas älter sind. Er braucht dann keine angemessene Frist zur Kündigung abzuwarten. Wenn auch Sie noch einen Anspruch auf die Zahlung von Mietrückständen haben, kann Sie das zu einer fristlosen Kündigung berechtigen. Vor einer solchen Kündigung sollte jedoch in jeden Fall noch der Rat eines Rechtsanwalts eingeholt werden. Vereinbaren Sie dazu bei uns einen Beratungstermin. Wir helfen gerne.
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