Gewährleistungsausschlüsse durch die Wendung „wie besichtigt“ beziehen sich in der Regel nur auf wahrnehmbare Mängel.
Die Klägerin hatte in dem Fall, der bis zum BGH ging, eine Werkzeugmaschine von der Beklagten gekauft. Nach der ersten Kontaktaufnahme der Parteien, besichtigte die Klägerin die Maschine und bestellte diese anschließend telefonisch. Die Beklagte wiederum sendete der Klägerin eine Auftragsbestätigung zu, in der sich folgende Klausel befand: „Wir liefern Ihnen 1 Stück […]. Im Zustand wie in unserem Lager […] vorhanden und von Ihnen am 25.05.2009 besichtigt.“
In der Folgezeit beanstandete die Klägerin, dass die Maschine nicht korrekt arbeite und deshalb den vorgesehenen Zweck nicht erfülle. Von der Beklagten vorgenommene Nachbesserungsarbeiten führten nicht zu dem von der Klägerin gewünschten Erfolg. Die Beklagte wies eine Verantwortung dafür zurück. Die Klägerin trat von dem Vertrag zurück. Gestützt auf kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche und Verletzung von Beratungspflichten verlangte sie Ersatz ihres entgangenen Gewinns sowie Rückabwicklung des Kaufvertrags. Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab, wogegen die Klägerin Revision einlegte.
Kein Gewährleistungsausschluss durch „Besichtigungsklausel“
Der BGH (Az. VIII ZR 261/14) gab der Revision Recht und verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass in der „Auftragsbestätigung“ enthaltenen Besichtigungshinweis kein Ausschluss jeglicher Gewährleistung der Beklagten entnommen werden könne.
Gewährleistungsausschlüsse, die durch die Wendung „wie besichtigt“ an eine vorangegangene Besichtigung anknüpfen, beziehen sich in aller Regel nur auf bei der Besichtigung wahrnehmbare, insbesondere sichtbare Mängel der Kaufsache. Wird dabei zugleich der Bezug zu einer Besichtigung des Käufers hergestellt, kommt es auf die Wahrnehmbarkeit des Mangels durch ihn und nicht darauf an, ob eine sachkundige Person den Mangel hätte entdecken oder zumindest auf dessen Vorliegen hätte schließen können.
„Gekauft wie gesehen“ beim Gebrauchtwagenkauf
Mit dem Urteil hat der BGH seine ständige Rechtsprechung erneut bestätigt, die auch im Bereich des Gebrauchtwagenkaufs erhebliche Bedeutung hat. Denn die Vereinbarung „Gekauft wie gesehen“ ist die am häufigsten benutzte Klausel beim Gebrauchtwagenkauf. Sie wird allerdings häufig missverstanden und führt daher vor Gericht oft zu Missverständnissen. Gängig sind vor allem die Formulierungen „Gekauft wie besichtigt“, „Gekauft wie gesehen“ oder „Gekauft wie probegefahren“, wobei es zwischen den Formulierungen keinen rechtlichen Unterschied gibt. Wichtig zu wissen ist dabei allerdings, dass es sich dabei nicht um einen vollständigen Ausschluss der Gewährleistung handelt.
Steht eine solche Passage im Kaufvertrag, so wird lediglich die Haftung für offensichtliche Mängel ausgeschlossen. Der Verkäufer haftet also nur nicht für solche Mängel, die ein durchschnittlicher Käufer ohne die Hilfe eines Sachverständigen bei der Überprüfung des Fahrzeugs hätte feststellen können. Versteckte Mängel werden hingegen nicht von dem Gewährleistungsausschluss erfasst. Dem Käufer können dann die Gewährleistungsrechte der Reparatur, des Rücktritts, der Minderung und des Schadensersatzes zustehen.
Wenn auch Sie versteckte Mängel an Ihrem gekauften Fahrzeug festgestellt haben, dann können Sie Ihre Gewährleistungsrechte wahrnehmen, auch wenn in Ihrem Kaufvertrag eine „Besichtigungsklausel“ enthalten ist. Wir stehen Ihnen dabei gerne beratend zur Seite und helfen Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Rechte.
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