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Ein Erbverzicht kann auch für die Kinder des Verzichtenden Folgen haben. So schließt derjenige, der auf einen ihm testamentarisch zugewandten Erbteil verzichtet, auch seine Kinder vom Erbteil aus, wenn die Verzichtsvereinbarung nichts anderes bestimmt.

Dies betonte das Oberlandesgericht Hamm ein einem kürzlich ergangenem Beschluss (Beschluss vom 28.01.2015, Az.: 15 W 503/14). Verzichte ein Miterbe auf seine verbindlich gewordene Erbeinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament mit Pflichtteilsstrafklausel, könne der überlebende Ehegatte über den Erbteil des Verzichtenden nicht anderweitig, zum Beispiel zugunsten eines Kindes des Verzichtenden, verfügen

Streit um Erbe nach Erbverzicht

Dem Beschluss des Gerichtes liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Eltern des Erstbeteiligten errichteten 1980 ein gemeinschaftliches Testament mit Pflichtteilsstrafklausel, in dem sie den Überlebenden zum befreiten Vorerben und zwei ihrer Kinder, den 1963 geborenen Erstbeteiligten und seine 1957 geborene Schwester, zu gleichen Teilen als Nacherben einsetzten.

Nach dem Tod des 78-jährigen Vaters im Jahr 1993 schlossen die überlebende Mutter mit dem Erstbeteiligten und der bedachten Schwester 2001 einen notariellen Vertrag, in dem die Schwester ihr Nacherbenrecht auf den Erstbeteiligten übertrug und erklärte, auch auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht zu verzichten. Hintergrund waren Zuwendungen von 180.000 DM, die die Schwester bereits von der Mutter erhalten hatte beziehungsweise noch erhalten sollte. Die Schwester verstarb 2002, sie hinterließ zwei Kinder. In einem handschriftlichen Testament aus dem Jahr 2013 bestimmte die Mutter ihre Tochter und ihren Sohn zu Erben.

Ende 2013 verstarb die Mutter im Alter von 82 Jahren. In der Folgezeit haben die Beteiligten um die ihr zustehenden Erbrechte nach dem Tod der Mutter als Erblasserin gestritten, wobei der Erstbeteiligte der Ansicht war, Alleinerbe zu sein, während die Enkel meinten, dass sie die Erblasserin als Miterben beerbt hätten.

Tochter der Verstorbenen wegen Erbverzichts als Erbin weggefallen

Das OLG Hamm entschied, dass der Erstbeteiligte und seine im Jahre 2002 verstorbene Schwester durch das im Jahr 1980 errichtete gemeinschaftliche Testament der Eltern zu Erben nach dem nach dem Tode des letzten Elternteils eingesetzt worden seien. Durch den notariellen Vertrag aus dem Jahre 2001 habe die Schwester auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht und auch auf das ihr durch das gemeinschaftliche Testament zugewandte Erbrecht verzichtet. Sie sei deswegen als Erbin weggefallen.

Zuwendungsverzicht erfasst auch Kinder der Verzichtenden

Dieser Zuwendungsverzicht erstrecke sich auch auf die Abkömmlinge der Schwester. Eine nach dem Gesetz mögliche andere Bestimmung sei im Verzichtsvertrag nicht getroffen worden. Damit sei der Erbteil der Schwester beim Tode der Erblasserin dem Erstbeteiligten angewachsen.

Erblasserin konnte Enkel nicht als Erbin einsetzen

Die Erblasserin sei nach dem Tode ihres Ehemanns gehindert gewesen, ihre Enkel als Erben einzusetzen. Dem stehe das gemeinschaftliche Testament aus dem Jahre 1980 entgegen, das auch hinsichtlich der Alleinerbenstellung des Erstbeteiligten bindend sei. Seine Bindungswirkung erfasse den dem Erstbeteiligten nach dem Wegfall seiner Schwester zugewachsenen Erbteil. Das ergebe die Auslegung des Testaments.

Der vorliegende Fall sei mit dem Fall vergleichbar, bei dem ein Pflichtteilsberechtigter aufgrund einer Pflichtteilsstrafklausel als Schlusserbe ausscheide, weil er zu Lebzeiten des überlebenden Ehegatten seinen Pflichtteil verlange. Auch in diesem Fall wachse sein Erbteil den übrigen testamentarisch bedachten Erben zu. Zwar sei die Schwester nicht aufgrund eines Pflichtteilsverlangens weggefallen, sie habe aber – vergleichbar mit einem solchen Verlangen – ihren Erbverzicht erklärt, weil sie zu Lebzeiten Zuwendungen erhalten habe.

Vereinbarungen zum Erbverzicht

Dass der Erbverzicht auf einen testamentarisch zugewandten Erbteil grundsätzlich auch die Kinder des Verzichtenden vom Erbteil ausschließt, gilt aufgrund einer Änderung des § 2352 Bürgerliches Gesetzbuch für Erbfälle ab dem 01.01.2010. Diese gesetzliche Regelung stimmt nunmehr mit der Regelung des Bürgerlichen Gesetzbuches für die Wirkung des Verzichts auf einen gesetzlichen Erbteil überein.

Insgesamt gilt: Wer auf einen ihm testamentarisch zugewandten Erbteil verzichtet, schließt auch seine Kinder vom Erbteil aus, wenn die Verzichtsvereinbarung nichts anderes bestimmt.

Verzichtet ein Miterbe auf seine verbindlich gewordene Erbeinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament mit Pflichtteilsstrafklausel, kann der überlebende Ehegatte über den Erbteil des Verzichtenden nicht anderweitig, z. B. zugunsten eines Kindes des Verzichtenden verfügen.


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